Arbeiten mit Hebekissen from Irakli West on Vimeo.

Weiter geht’s mit der Hebekissen-„Saga“. Diesmal geht’s darum, einen LKW-Anhänger mit Person unter schnell und sicher anzuheben. Dabei schauen wir uns auch an wie stabil das Konstrukt ist, und es wird auch aufgezeigt was passiert wenn falsch angesetzt wird. Gerade Letzteres ist immens wichtig, und wird in der Ausbildung naturgemäß nicht aufgezeigt, auch weil das Gerät stark belastet wird. Ich versuche immer, auch bewusst falsch zu setzen und anzuheben – auch abzustützen – um ein größeres Verständnis von dem zu gewinnen, was ich da eigentlich tue.  Feedback wie immer gerne willkommen.

Es haben sich über die letzten Paar Wochen einige Unfälle von besonderem Interesse angesammelt (danke für die Link-Einsendungen):

  • Auffahrunfall, LKW gegen Bagger. Fahrer Eingeklemmt, sowohl LKW als auch Bagger lassen sich nicht bewegen: Feuerwehr Schleiz
  • A93: LKW fährt auf Stauende auf und begräbt PKW unter sich, 2 Tote, massive Deformation: PNP
  • Big Lift in Bochum: Anheben eines LKW mit Kissen und Wagenheber um PKW zu befreien: Der Westen
  • Baufahrzeug auf Auto
  • Zu guter letzt ein extrem kniffeliger Einsatz: Betonteile abstützen, LKW-Fahrer aus der zertrümmerten Kabine befreien: Feuerwehr Feucht

Zur Kurzmeldung im FWnetz, die sich auf die zwei getöteten FA beim Überschlag einer Engine bezieht. Sieht man sich die Lage genauer an (Fotostrecke), darf man sich ruhig die Frage stellen: wo ansetzen und sichern, wenn es ein Emergency Lift werden soll?

Das grundsätzliche Problem ist im Bild oben zu sehen: Lage war eine US-Engine auf Dach auf PKW. Ziel war das Anheben der Engine um an die Eingeklemmten im PKW zu kommen.

Dachlage ist kniffelig: an die „guten“ Ansatzpunkte, insbesondere den Rahmen, kommt man nicht ran, weil diese nunmehr oben sind. Die komplette Karosse ist weich, es wird also schwierig, egal welches Mittel man wählt. Genauso schwierig wird die Abstützung. Eine Lösung würde in etwas so aussehen:

Ziel ist, die wenigen „harten“ Punkte für sich zu nutzen. Falls eine Einklemmung vorliegt, und wir anheben müssten, bieten sich an: Kabinendach als Auflagefläche für Niederdruck-Hebekissen. 10 Tonnen auf zwei Kissen verteilt reichen auf jeden Fall. Die Türen müssen wegen der Versorgung sowieso entfernt werden, somit könnte man eventuell am robusten Schweller ansetzen. Die seitliche Abstützung wird, wenn sich das Fahrzeug weiter aufrichtet, immer weniger. bis man (theoretisch) nur noch auf den Kissen aufsetzt, wie im Bild oben.

Wenn allerdings, wie im Fall in den USA, das Kabinendach eingedrückt ist, haben wir möglicherweise ein strukturelles Problem. Wenn wir anheben drücken wir nur das Dach weiter nach oben, ohne einen Platzgewinn zu schaffen. Auch das kann – wenn die Situation das hergibt – gelöst werden. Hier ist ein Beispiel:

Der einizige Ansatzpunkt für ein Kissen ist unter der vordersten Säule. Problem: diese ist beschädigt. Die Lösung in diesem Fall war so:

Wir haben mit einer Stütze eine künstliche Säule gesetzt. Im Fall des Kabinendachs könnte man auch versuchen, im Innenraum eine oder mehrere Stützen zu setzten um den Überlebensraum zu sichern.

Wie gesagt, dies ist nur eine Lösungsmöglichkeit, die im aktuellen Fall uU nicht durchführbar ist, aber zur Orientierung dienen kann. Sie ist jedoch ein gutes Beispiel dafür, was ein „Lift“ ist: eine Veränderung der Lage. Wir stabilisieren nicht nur, wir greifen aktiv ein und bringen eine Dynamik hinein, die wir stets unter Kontrolle haben müssen.

Im „Big Lift“ Vortrag nimmt der gemeine Kran an sich einen großen Teil der Präsentation ein. Dabei kommt es vor Allem darauf an, die Einsatzgrenzen eines Krans zu verstehen, inklusive aller Vor- und Nachteile. In diesem Bericht ist zu sehen, dass der angeforderte Kran zum Aufrichten nicht ausgereicht hat, und dass Hebekissen zum Einsatz kamen.

Aus meiner Sicht war das Problem nicht die Größe des Krans, sondern eher die Aufstellfläche: weicher Boden, keine volle Abstützung möglich, ausserdem ziemlich grosse Ausladung. Somit war der 10-Tonnen-Lift (unter der Annahme, der Tank des LKW sei eher leer als voll, zulässiges Gesamtgewicht 30 Tonnen, davon die Hälfte, abzüglich nicht ganz voll = 10 Tonnen) trotz 6facher Einscherung nicht möglich. Danke an Ulli für den Link!

Letzte Woche hat das Team rund um Sinisa, Mario und Zeko eine richtig schöne Lage gezaubert, die es im ersten kroatischen Heavy Rescue Lehrgang zu bewältigen galt.

Klitzekleines Problem: der Betonmischer ist noch im aktiven Dienst, durfte also nicht beschädigt werden. Somit entfielen einige mögliche Lift-Punkte, da Kabel und Leitunge jeglicher Art beschädigt worden wären. Hier die vorgefundene Lage:

Ich hätte gerne hinter dem Auto gehoben, aber es war kein Ansatzpunkt da, bei dem keine Leitung gestört hat. Somit mussten wir uns auf den Vorderwagen beschränken.

Das Abstützen war weniger das Problem: zwei von den grossen grauen mit Contour Base, die Base Plates mit Spanngurt verzurrt, und schon haben wir eine vertikale Sicherung, und teilweise eine laterale. Aufnahmevermögen: knappe 20 Tonnen, also gewichtsmässig überhaupt kein Problem.

Eher problematisch dann der Lift an sich, mangels Ansatzpunkten. Solange kein Patient darunter liegt, ist es legitim, die Trennwand („Firewall“) im PKW, alternativ den Motorblock des PKW als Ansatzpunkt zu nutzen. Nur muss man ein sehr genaues Auge darauf werfen, ob diese auch stabil genug ist.

Das wäre der so genannte Dash Lift oder Armaturenbrett Lift.

Bei diesem Skoda war sie nicht stabil genug und wurde nach unten gedrückt. In der Realität eine Gefährdung der Insassen. Bei einem moderneren Fahrzeug würde bei dieser Lage der Unterbau eher halten.

Die verbleibenden Optionen sind recht begrenzt. Für einen Büffelheber oder einen hydraulischen Rettungszylinder wäre der Ansazupunkt ohne Unterbau kaum zu schaffen, und würde instabil.

Wir haben zwei Varianten des Kreuzverbaus als Ansatzpunkt für Hochdruck-Kissen ausprobiert:

Der Single Stack (Einzel-Kreuzverbau) benötigt schon richtig viel Holz, wie man sieht. So viel führt ganz sicher kein HLF mit. Zudem ist er höher als eigentlich erlaubt bzw. zugelassen (1Meter), aber wenn man sonst keine Option hat, darf auch davon abgewichen werden. Zwei entscheidende Nachteile: extreme seitliche instabilität, sobald das Kissen sich aufbläst, „wandert“ der Verbau. Ein einziger Hebepunkt muss dann schon sehr mittig angebracht werden, um keine Instabilität zu erzeugen.

Der Double Stack verteilt die Kraft af zwei Kreuzverbaue, somit ist die Unstabilität geringer. Zudem kann man mit zwei Hebepunkten den Lift wesentlich besser steuern. Nachteil: Unmengen von Holz, und ein Crib Stack in der Höhe sauber hinzubekommen, ist fast unmöglich. Weitere Nachteil: es dauert richtig lange, bis das Ganze sauber steht.

Die schliessliche Möglichkeit ist der Strut Lift, bei dem statt des Kreuzverbaus eine Stütze mit 10-Tonnen-Hydraulik zum Einsatz kommt – schnelles Anheben mit großem Hubweg, 20 Zentimeter in maximal 10 Minuten inklusive allem Aufbau.

Wie gesagt, das sind alles reine Optionen mit Vor- und Nachteilen. Wieder mal sehr lehrreich!

Bilderstrecke auf Flickr.