Gestern haben wir das zweite Pilotseminar „Anschlagen von Lasten“ sowie „Maschinelle Zugeinrichtung“ durchgeführt, diesmal bei der Feuerwehr Olpe. An dieser Stelle schon mal vielen Dank für die Gastfreundschaft!

Das sichtbare Resultat ist, dass wir nun das diese neuen Module auch ganz offiziell anbieten können. Das unsichtbarere: Wir wollen natürlich auch Ansprechparter in fachlichen Fragen sein, und der ganze Prozess hat uns natürlich gezwungen, auf den Ist-Zustand der relevanten Normen bzw. der Ausstattung, des Wissens- und Ausbildungsstand der Feuerwehren genauer zu blicken.

Letztlich haben wir im Prinzip auch bei Null angefangen – wir bei HRG kommen alle aus Feuerwehren bzw. anderen Organisationen, haben alle ähnliches Vorwissen mitgebracht und haben den Weg zusammen hin zu heute beschritten.

In einer Reihe von Artikeln wollen wir Euch diesen Weg darlegen. Insofern geht es heute weniger um Lösungsansätze, sondern wir wollen aufzeigen, wie wir das Thema angegangen sind. Lösungen, Vorschläge usw. kommen dann eben in unregelmäßigen Abständen.

Sichern – Ziehen – Heben

Technische Hilfeleistung ist mehr als nur die Befreiung von Eingeklemmten aus PKW. Wer uns kennt, kennt auch diese Aussage. THL ist ein Sammelbegriff für eine Vielzahl von Tätigkeiten. Manche sind sexy, andere weniger.

Absturzgefährdeter PKW: wie sichern?

Ob jetzt Sichern – Ziehen – Heben sexy ist, soll jeder für sich beurteilen. Wir finden das natürlich super sexy.

Und um vernünftig sichern – ziehen – heben zu können, bedarf es gleichermaßen:

  • Gerät
  • Ausbildung
  • Taktik

Dabei unterscheiden wir auch zwischen statischen und dynamischen Lagen. Soll ein Objekt nur gesichert werden, reden wir von einer statischen Lage. Soll es auch durch Ziehen oder Heben bewegt werden, ist das eine dynamische Lage. Diese ist etwas komplizierter, weil sie einen Anfangs- und einen Endzustand hat, und man sich den Einsatz von Anfangs- bis Endposition überlegen muss.

Die Tatsache ist – warum soll es Euch besser gehen als uns – dass hauptsächlich sehr wenig Wissen vorhanden ist. Teilweise ist das auch aus Sicht der (Eigen-)gefährdung keine Bagatelle, auch für Feuerwehren gelten jenseits der FwDVen Regelwerke z.Bsp. der BG, DGUV, UVV usw.

Dem wollen wir entgegen steuern.

Würden wir definitiv nicht mehr so machen: Anschlagen einer Last, anno 2015

In der ganzen Thematik zu sehr ins Detail gehen würde den Rahmen sprengen – wir versuchen uns, aus Feuerwehrsicht aufs Relevante zu beschränken. Die gute Nachricht ist: es ist kein Hexenwerk!

Sollten Fragen offen sein, Wünsche und Anregungen entstehen – bitte kontaktiert uns sehr gerne!

Status Quo

Feuerwehren führen Anschlagmittel sowie Geräte zum Ziehen mit. Heben wird hier nur teilweise betrachtet, z. Bsp. das Heben von Lasten mit mit Dreibein. Wir schließen zunächst Heben mittels Kran aus. Dennoch ist Heben insofern relevant, als für Anschlagmittel je nach Anwendung unterschiedliche Sicherheitsfaktoren angewendet werden.

Zum Sichern kann man verwenden:

  • Textile Anschlagmittel wie Hebebänder und Rundschlingen
  • Ketten aller Art
  • Verbinderelemente, wie z. Bsp. Schäkel, Rundschlingenhaken
  • Anschlagseile
  • Spanngurte
  • Seile (Arbeitsleine)

Diese Geräte haben unterschiedliche Anwendungen, Sicherheitsfaktoren, usw.

Wichtig ist auch die Nomenklatur – die oben aufgeführten Namen sind die offizielle Bezeichnung. Umgangsprachlich werden andere Begriffe verwendet, beispielweise „Seilstropp“ (für Anschlagseil) oder „Schlupp“ (für Rundschlingen) – solange die gesamte Mannschaft den gleichen Begriff verwendet, ist das sicherlich in Ordnung, jedoch kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem so ist. Dies führt oft zu Verzögerungen und Frustration, wenn das falsche Gerät angeschafft oder gebracht wird.

Diese Anschlagmittel sind auch unterschiedlich dimensioniert. Die Dimensionierung der mitgeführten Mittel kann bzw. soll sich ergeben aus folgenden Faktoren:

  • Der Normung
  • Des mitgeführten Zuggeräts
  • Der zu erwartenden Situationen

Die Zugkraft des mitgeführten Zuggeräts ist der bestimmende Faktor bei der Auswahl der Anschlagmittel. Die meisten Zuggeräte dürften in diese Kategorien fallen:

  • Mehrzweckzug 16 (MZ16) mit 16kN Zugkraft
  • Mehrzweckzug 32 (MZ32) mit 32kN Zugkraft
  • Maschinelle Zugeinrichtung (Seilwinde) 50kN

Etwas weniger gängig sind:

  • Hebelzug in unterschiedlichen Größen
  • Mehrzweckzug 8 (MZ8) mit 8kN Zugkraft
  • Andere MZ (je nach Hersteller gibt es etwas abweichende Werte)
  • Motorseilwinden
  • Trommelseilwinden für PKW (z. Bsp aus dem Offroadbereich)
Trommelwinde auf einem Vorausrüstwagen

Größenklassen

Als Basiswert nehmen wir die Zugkraft des eingesetzten Geräts. Mehrzweckzüge und Seilwinden können auch mit loser Rolle eingesetzt werden, welches die Zugkraft verdoppelt. Ergo soll die Größenklasse der Anschlagmittel mindestens das doppelte (bzw. die nächst große) der Zugkraft betragen.

Nehmen wir den MZ16 als Zuggegerät, sollten die eingesetzten Anschlagmittel somit mehr als 32kN aufnehmen können – in diesem Fall wären textile Anschlagmittel der 4-Tonnen Klasse zu verwenden (Farbe: Grau).

Beim MZ32 kommen wir dann gleich auf 8 Tonnen – 64kN als Minimum, die nächst größere Klasse sind eben 8 Tonnen (blau), weil 7 Tonnen gibt es nicht.

Dieses hat natürlich erhebliche Auswirkungen auf die Taktik, weil gerade textile Anschlagmittel sehr schnell sehr groß und damit sehr unhandlich werden. Dies ist auch ein Grund, warum wir inzwischen mehr auf Anschlagketten setzen.

Anschlagpunkte

Zu guter letzt in unserer Einführung: die Anschlagpunkte sollen auch ausreichend für den Zweck dimensioniert sein. Wir unterscheiden zwischen

  • natürliche
  • künstliche

Anschlagpunkte. „Natürliche“ Anschlagpunkte sind vorgefundene, also z. Bsp Bäume, Leitplanken, Pfosten, usw. „Künstliche“ Anschlagpunkte sind solche, die wir im Einsatz selbst setzen müssen, beispielsweise das eigene Feuerwehrfahrzeug, Erdanker, „Toter Mann“ und so weiter. Auch auf dieses werden wir gesondert eingehen.

Anschlagpunkt am Rüstwagen

Fazit

Ist das bestimmungsgemäß?

Soweit unsere Einführung in die Materie. Ziel muss es sein, möglichst schnell und sicher eine Last zu sichern, und ggf. auch zu ziehen – hier muss die ganze „Anschlagmittelkette“ zwischen den beiden geeigneten Anschlagpunkten stimmig sein. Und die Anwender sollten wissen, was geht, was nicht geht –

Fortsetzung folgt.

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