Der kommende Testlauf unseres Webinars „Big Lift“ geht einen etwas anderen Weg, als ihr den vielleicht von unseren Ausbildungen kennt. Auch bedingt durch den kürzeren Zeitrahmen (45 Minuten), wird das in etwa so aussehen, bezugnehmend auf dieses Bild oben:

Wir werden uns über das eingesetzte Gerät unterhalten, sowie die relevanten Aspekte der Erkundung aufzeigen, und ganz unten ist ein ziemlich cooles Video :-) In aller Kürze:

Wir sehen hier eine dramatisierte Darstellung eines Unterfahrunfalls, wenn auch jede erdenkliche Situation möglich ist, wie die Praxis zeigt . Der Muldenanhänger ist ausgesprochen gut zugänglich und pädagogisch super wertvoll – das Vorgehen bei einem Unterfahrunfall unter Sattelauflieger wäre aber grundsätzlich nicht anderes, wenn auch mit weniger Raum für die Rettungsarbeiten.

Das Vorgehen ist auch jenseits von Verkehrsunfällen gültig – fast jedes Heben einer Last folgt dem gleichen Vorgehen (z. Bsp. Person unter PKW, Betonelemente, etc.)

Wir reden bei Heben oder Ziehen von Dynamischen Lagen, also mit einem unterschiedlichen Ausgangs- und Endpunkt. Dieses ist meistens komplexer als eine Statische Lage, wo Objekte nur eingefroren werden müssen.

Wer uns kennt, weiss, dass wir das Vorgehen grundsätzlich in 5 Phasen einteilen:

  1. Erkunden
  2. Sichern
  3. Vorbereiten Heben
  4. Heben
  5. Retten

Damit habt ihr einen einfachen Handlungsleitfaden auch für komplexere Lagen.

Zunächst die Erkundung (Phase 1): worauf kommt es an?

Wir konzentrieren uns auf das „mechanische“ und lassen Dinge wie ANzahl und Zustand der Verletzten, Wetter, Verkehr etc. erstmal außen vor. Es geht darum, den Anhänger so anzuheben, dass der PKW befreit werden kann.

Die für unsere Erkundung relevanten Punkte sind im roten Rahmen markiert:

  • Das Gewicht entscheidet über das Rettungsgerät es muss richtig dimensioniert sein.
  • Die Lage mit der Frage „wo drückt er hin“? bestimmt die Sicherung und
  • Der Weg der Kraft über Strukturen lässt uns ermitteln, ob und wo wir abstützen/ sichern müssen

Schließlich fällt die Entscheidung, ob quer (an der Seite vom Fahrzeug) oder längs gehoben werden soll. Zum Verständnis, im Bild oben wird längs gehoben.

Quer ist grundsätzlich vorzuziehen, weil das normalerweise wesentlich stabiler. In unserem Fall geht das nur längs, und hier ist eine Erkenntnis – so sicher wie das Amen in der Kirche – dass die Last eine Seitbewegung durchführen wird. Diese Seitbewegung wollen wir mit dem seitlichen Abspannen kontrollieren.

Ergebnis der Erkundung ist – wie bei allem – der Entschluss, der auch entsprechend kommuniziert wird. Taktisch bedienen wir uns übrigens eines Sicherheitsassistenten. Der Gefährdungsbereich wird kommuniziert, hier unterhalb und im Trümmerschatten des Anhängers, sowie Radius der Deichsel. Arbeiten im Gefährundsbereich sind unausweichlich und es müssen die entsprechenden Sicherungsmaßnahmen getroffen werden.

Ich wiederhole das Bild hier, damit ihr nicht laufend hoch- und wieder runter scrollen müsst.

Kommen wir nun zu den Elementen in den schwarzen Kästen, das eingesetzte Gerät. Ungefähr in der Reihenfolge, wie es eingesetzt wurde:

Für das Sichern (Phase 2) haben wir folgendes gemacht:

  • Die Räder an der Vorderachse eingekeilt (nach Möglichkeit immer zwei Räder in beide Richtungen)
  • Die Deichsel als kritisches bewegliches Teil mit zwei Spanngurten fixiert. Spanngurte und sonstiges Gerät lassen wir immer im Trupp zu zweit setzen – das funktioniert wesentlich besser als alleine und spart zeit. Spanngurte sollten ausreichend dimensioniert sein und bei Rettungsarbeiten idealerweise mit einer „Step-Ratsche“ versehen sein, damit er nicht schlagartig gelöst werden muss
  • Zwei Rettungsstützen am Heck des Fahrzeugs sichern es nach unten. Es entlastet den PKW nicht (und die Achse drückt immer noch), verhindert aber ein weiteres Absacken des Aufbaus. Das Lesen des zu stabilisierenden Fahrzeugs ist kritisch, um auch geeignete Punkte für Abstützen sowie sonstige Sicherung zu definieren.

Nun wird das Heben vorbereitet (Phase 3), mit folgenden Tätigkeiten:

  • Seitliches Abspannen auf beiden Seiten mittels Zuggerät, textilen Anschlagmitteln sowie Anschlagketten. Ein kleiner Greifzug (800 kg) oder ein Hebelzug sind hier ideal, die Kräfte reichen aus und sie sind handlich.
    Die eingesetzten Komponenten müssen auch aufeinander abgestimmt sein. Die Fixpunkte müssen auch ausreichend dimensioniert sein – wir haben hier unsere Squads genommen, die auf diesem Unterboden und mit Feststellbremse ca. 800kg halten. Wenn es mehr sein soll, braucht es einen Bediener für die Betriebsbremse auf allen vier Rädern.
    Hier sollte nicht auf ein Zuggerät verzichtet werden, da die Sicherung bei größerer Hubhöhe etwas nachgegeben werden muss – wir wollen da nicht dagegen arbeiten.
  • Zu diesem Zeitpunkt kann die Achse des PKW mittels Spanngurt eingespannt werden, und ggf. die Luft aus den Reifen. Je nach Lage könnte noch die Achse des Anhängers fixiert werden, aber das ist erfahrungsgemäß zu aufwändig und ohne extra Belastung des PKW kaum darzustellen – bleibt aber eine Option.
  • Zum Heben wird in diesem Fall die hydraulische Rettungsstütze „HFS“ (Infos) mit 9 Tonnen Hubkraft eingesetzt. Diese funktioniert analog einer hydraulischen Winde, jedoch mit einer Handpumpe, die eine Bedienung außerhalb des Gefahrenbereichs ermöglicht. Im Gegensatz zum Rettungszylinder erlaubt sie auch ein sehr feinfühliges Arbeiten. Die hydraulische Stütze kann mit einer normalen Rettungsstütze kombiniert werden, so dass theoretisch in der Länge des Geräts keine Grenzen gesetzt sind.
  • Schließlich werden die bei der Erstsicherung gesetzten Stützen mit Luft beaufschlagt. Der „VSK Controller“ (Infos) funktioniert wie ein Steuerorgan für Hebekissen und entnimmt die Luft dem Druckluftminderer für Hebekissen. Er pumpt Luft mit einem Druck von ca. 1,7bar in die Stützen, dies entspricht einer „Kraft“ von 30-40 kilo (ich weiss, es sind eigentlich Newton).
    Ziel ist, dass die Stützen automatisch nachlaufen ohne wegzufallen wenn die Last angehoben wird.

Nun erfolgt das Heben (Phase 4). Am Ende von Phase 3 geht die Mannschaft nochmal alles durch, ob nichts vergessen wurde. Hier auch unbedingt am gesamten Hebevorgang denken, unter Umständen kommt auch Logistik ins Spiel, wenn z.Bsp. weiteres Gerät im Laufe des Vorgangs benötigt wírd.

Die Sicherung der Mutter sowohl am HFS als auch der Rettungsstützen erfolgt dann vom Bediener in regelmäßigen Abständen. Im eigentlich gefährlichen Moment, dem Hebevorgang, sind alle Rettungskräfte außerhalb des Gefahrenbereichs.

Anschließend erfolgt dann die Rettung (Phase 5) des Patienten.

Fazit

Wie oben beschrieben, vereint diese Lage eine ganze Menge an einzel-„Disziplinen“ der technischen Hilfeleistung. Was davon am Einsatzort tatsächlich abgerufen wird, ist an dieser Stelle eine akademische Diskussion – es geht hier um Optionen.

Unsere Aufgabe ist dann auch die tiefere Betrachtung und Vermittlung dieser Disziplinen. Und wir lernen selbst immer noch richtig viel dazu, siehe jetzt mit den Anschlagmitteln.

Das Video für mich als vorsichtige Einarbeitung in das Schnittsystem – das wird besser, versprochen ;-)

Wie immer: Sollten Fragen offen sein, Anmerkungen usw, gerne unten in das Kommentarfeld.

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