Ein gemeinsamer Artikel des HRG Teams.

Wir zeigen es ständig irgendwo, haben es in Teilen auch bereits hier vorgestellt, aber es noch nie wirklich zusammengeschrieben: hier ist unser ausführlicher Artikel zum Thema PKW Stabilisierung mit Paratech Rettungsstützen.

Dabei wird auf die Standardlagen eingegangen und es werden verschiedene Möglichkeiten gezeigt. Grundlage ist das Paratech Basic Kit, der kleinste sinnvolle Satz, der mittlerweile Deutschlandweit auf vielen HLF zu finden ist.

Der Basis Satz besteht aus:

1 Rettungsstütze 64-91cm
1 Rettungsstütze 91-147cm
1 Rettungsstützen-Verlängerung 30cm
1 Rettungsstützen-Verlängerung 60cm
2 Bodenplatten mit D-Ring 15x15cm
2 Convex-Multiköpfe
2 Festpunktketten

Ergänzt werden müssen von euch noch mindestens zwei Spanngurte (besser vier).
Auf die Spanngurte wird dann der Hitzeschutz und ggf. ein weiterer Haken aufgefädelt.

Auf den folgenden Bildern sind ab und zu auch Produkte zu sehen, die zwar nicht im Basic Kit enthalten sind, aber sich mit dem Basic Kit auch umsetzen ließen.

Paratech Basic Kit auf dem HLF der Feuerwehr Mettmann

Grundlagen:

Warum stabilisieren wir einen verunfallten PKW?

  1. Zum Eigenschutz: nicht stabil liegende Fahrzeuge können umstürzen und Patienten oder Einsatzkräfte gefährden.
  2. Zur patientenorientierten Rettung: ein vernünftig stabilisiertes Fahrzeug gibt deutlich weniger Erschütterungen weiter als ein nicht stabil liegendes Fahrzeug. Erschütterungen entstehen beispielsweise beim Betreten des Fahrzeugs oder beim Arbeiten mit hydraulischem Rettungsgerät.

Rüstholz / Unterbaumaterial wird immer benötigt, Stützen ersetzen nicht das Unterkeilen von Fahrzeugen. Wir empfehlen dafür nach wie vor das Rüstholz ToGo.

Unterschieden wird die Stabilisierung in primäre und sekundäre Arbeiten. Primär ist dabei immer das Unterkeilen mit Rüstholz / Unterbaumaterial.

Für die PKW Stabilisierung sollten die Stützen grundsätzlich in einem Winkel von 45° bis 60° stehen, je mehr Richtung 45° umso stabiler.

Der Ansatzpunkt der Stützen sollte über dem Schwerpunkt des Fahrzeugs liegen. Grundsätzlich gilt, „je höher, desto besser“. Das ist natürlich abhängig von verfügbaren Ansatzpunkten und Stützenlängen.

Sofern möglich sollten auf beiden Seiten des Fahrzeugs Stützen stehen, die dann „gegeneinander“ arbeiten und das Fahrzeug dort halten, wo es ist.

PKW auf Seite

Primärstabilisierung: zuerst wird der PKW mit dem vorhanden Unterbaumaterial / Rüstholz unter den Säulen auf der Dachseite unterbaut. Sofern möglich sollten dabei die Bereiche A- und C-Säule unterkeilt werden.

Unterbau Dachseitig mittels Kantholz und großem Keil.

Auf der Unterbodenseite sollte mindestens mittig unterbaut werden, vorzugsweise aber an zwei Punkten. Sollte der Einsatz einer Rettungsplattform geplant, ist entsprechend Platz einzuplanen.

Dadurch wird das Fahrzeug grundsätzlich stabiler, die Gefahr eines plötzlichen Umsturzes ist gemindert – ihr könnt besser und sicherer daran arbeiten.

Sekundärstabilisierung: Die erste Stütze wird auf der instabileren Fahrzeugseite gesetzt, also dort wo das Fahrzeug eher zu kippen droht. Dies ist meist die Dachseite, aber absolut abhängig von der Lage vor Ort.

Der – unserer Meinung nach – beste Ansatzpunkt dafür ist der Scheibenrahmen direkt im Bereich der A-Säule / Motorhaube. Dazu wird, insofern die Frontscheibe noch vorhanden ist, mit Halligantool / Glasmaster vorsichtig eine kleine Öffnung in der Scheibe geschaffen. Dies ist der Ansatzpunkt für den Stützenkopf . Währenddessen kann das Fahrzeug durch zwei Feuerwehrangehörige gehalten und so unnötige Erschütterungen vermieden werden.

Die Stütze wird dann im Winkel von 45° aufgestellt und im Anschluss über den Spanngurt mit Festpunktkette (welche im unteren Bereich der A-Säule eingehängt wird) fixiert. Für diesen Schritt muss gegeben falls zuerst die Seitenscheibe entfernt werden.

Beim Basic Kit empfiehlt sich meist die Kombination aus Stütze 91-147cm + 30cm Verlängerung, da die Dachseite einen relativ hohen Ansatzpunkt hat. Auf dem Bild wird die Variante mit VSK Bodenplatte 6 gezeigt.

Tipp: Die Stütze ist nicht im 90° Winkel zum PKW gesetzt, sondern so, dass der Stützenkopf und die Festpunktkette in einer Flucht sind.

Vorteil des Ansatzpunktes im Dach ist, dass ihr euch keinen Arbeitsweg blockiert. Nach wie vor kann das Dach heruntergeklappt werden und auch die Motorhaube lässt sich öffnen.

Jetzt gilt es noch die Unterseite des PKW zu stabilisieren. Hier sollte für die Stütze bei einem Fahrzeug mit Schwerpunkt vorne (Motor vorne) ein Ansatzpunkt knapp hinter der Vorderachse gewählt werden. Alle beweglichen Teile wie Rad, Federung, Lenkgestänge sind nicht geeignet.

Es gibt jetzt grundsätzlich zwei verschiedene Möglichkeiten die Stützen an der Unterseite zu setzen, diese entscheiden sich nach Verfügbarkeit von Ansatzpunkten.

Variante 1: „direktes Dreieck“
Verfügt das Fahrzeug über einen Unterboden mit vernünftigen Ansatzpunkten (also einer Art Widerlager für den Stützenkopf) kann die gleiche Variante wie auf der Dachseite angewendet werden, das „direkte Dreieck“.

Convex Kopf gegen Widerlager gesetzt
„Direktes Dreieck“

Fahrzeug-Unterseite stabilisiert mit Convex-Multikopf, Stütze 64-91cm + 60cm Verlängerung, Bodenplatte mit D-Ring 15x15cm und Spanngurt. Soll eine Rettungsplatform eingesetzt werden muss die Stütze gegebenenfalls kürzer eingesetzt werden, um ausreichend Platz zu lassen.

Variante 2: „Indirektes Spanngurt-Dreieck“
Bietet das Unfallfahrzeug keine Möglichkeit die Stütze gegen ein Widerlager zu setzen kommt das „indirekte Spanngurt-Dreieck“ zur Anwendung.

Diese Variante ist nicht so stabil wie das „direkte Dreieck“ und sollte nur zur PKW Stabilisierung verwendet werden, da die Last über den Spanngurt aufgenommen wird. Aufgrund der möglichen Hitzeentwicklung der Auspuffanlage sollte der Spanngurt mit einem Hitzeschutz versehen sein.

Spanngurt in Convex-Base eingehängt

Das Ende des Spanngurtes wird in den Convex-Multikopf eingehängt, der freie Haken im Unterboden fixiert und die Ratsche in den D-Ring der Bodenplatte eingehängt.

„Indirektes Spanngurt-Dreieck“

Fahrzeug-Unterseite stabilisiert mit Convex-Multikopf (mit eingehängtem Spanngurt) Stütze 91-147cm + VSK Bodenplatte. Es fehlt: Hitzeschutz auf dem Spanngurt, sollte auf Höhe des Auspuffs gesetzt sein.

Wenn beide Stützen gesetzt sind können die Stützenmuttern noch einmal per Hand festgezogen werden. Das passiert am besten gleichzeitig auf beiden Seiten – die Stützen drücken dann gegeneinander.

HINWEIS: Das Spannen der Spanngurte sollte kontrolliert erfolgen. Wird über die Spanngurte zu viel Kraft erzeugt kommt es zu ungewollten Bewegungen des Fahrzeugs. Das Fahrzeug kann so gehoben oder verschoben werden. Dies ist unbedingt zu vermeiden.

Achtung – Spanngurte nur so fest anziehen bis die Bodenplatten anfangen sich leicht zu bewegen, wirklich fest werden die Stützen durch das Drehen der Muttern. Das Festziehen sollte nur per Hand erfolgen!

Sollte es nicht möglich sein auf der Dachseite eine Stütze zu setzen, sollte dort besonders sorgfältig unterkeilt werden und beide Stützen auf der Unterseite des Fahrzeugs verwendet werden.

Die Stützen dann jeweils relativ nah an den Achsen setzen. Diese Variante ist nicht so stabil wie die zuvor gezeigten Varianten, das Fahrzeug kann nicht mehr umstürzen bewegt sich jedoch relativ viel im Vergleich zur Variante mit Stützen auf beiden Seiten.

PKW Unterseite stabilisiert mit Stütze Convex Multikopf, Stütze 91-147 +30cm Verlängerung, Bodenplatte 15x15cm, Festpunktkette, Spanngurt (vorne im Bild) Convex Multikopf, Stütze 64-91cm + 60cm Verlängerung, Bodenplatte 15x15cm, Spanngurt (hinten im Bild) Dachseite: Eingekeilt!

Problematisch ist das Einsetzen der Rettungsplattform bei zwei Stützen auf der Unterseite, da diese im Weg sein könnten.

Alternative: „Dreipunktstabilisierung“

„Dreipunktstabilisierung“

Stabilisierung Unterseite: Kontur-Kopf, Stütze 91-47cm + 60cm Verlängerung, VSK Base 6 und zwei Spanngurte.

Alternativ zu den gezeigten Möglichkeiten kann auf der Unterseite des PKW auch mit nur einer Rettungsstütze gearbeitet werden, die an zwei Punkten verspannt wird; zusammen mit dem Stützen ergeben sich drei „Krafteileitungspunkte“. Die Entscheidung dazu sollte lageabhängig getroffen werden.

Vorteil: es ist ein besonders stabiles Gebilde, das bei einer unvermittelten Längsbewegung des PKW, z.B. am Abhang, nicht umkippt.

Das verspannen einer Rettungsstütze mit mehreren Spanngurten bietet sich auf unebenen Untergründen oder Straßen mit Steigungen grundsätzlich an, macht aber den Einsatz einer Rettungsplattform in diesem Bereich schwierig oder gar unmöglich je nach dem Verlauf der Spanngurte. Dies sollte in der Einsatzplanung berücksichtig werden.

Weitere Informationen zu diesem Thema in unserem Beitrag Dreiecke und Pyramiden von 2012.

 

Fertig!
So oder so ähnlich sollte das Ganze am Ende aussehen. Diese Möglichkeiten sind für uns „der Standard“. Natürlich ist jeder Einsatz und jedes Unfallfahrzeug anders, sodass nicht immer eine der drei Darstellungen zu 100% passt, wer aber diese Grundlagen beherrscht kann im Einsatz selbstständig entsprechende Anpassungen vornehmen.

HINWEIS:
Die Stabilisierung des Fahrzeugs sollte im Einsatzverlauf dauerhaft kontrolliert werden, dazu einfach prüfen ob Spanngurte sich gegebenenfalls gelöst haben und ob die Muttern der Stützen noch festsitzen.

PKW auf Dach

Der PKW wird zuerst im Bereich der B-Säule mit Rüstholz und Keilen unterbaut, je nach Lage sind auch noch Keile im Bereich der A-Säule/Motorhaube notwendig.

Die Rettungsstützen werden entweder direkt oder indirekt am Fahrzeugheck eingesetzt, dies ist hier absolut abhängig vom Fahrzeugtyp, den möglichen Ansatzpunkten sowie den vorhandenen Stützen.

Schönster und stabilster Weg ist sicherlich das direkte Setzen der Stützen in den Scheibenrahmen, falls dies möglich ist. Alternativ wird der freie Spanngurthaken genutzt.

Die beiden Stützen werden dann mit einem Spanngurt verbunden. Achtung beim Spannen des Gurtes! Nur so viel wie nötig – wenn zu viel gespannt wird ziehen sich die Bodenplatten gegebenenfalls zusammen und das Fahrzeug wird ungewollt bewegt/angehoben.

Fahrzeug in Dachlage stabilisiert mit: Links: Convex Multikopf, Stütze 64-91cm + 30cm Verlängerung, Bodenplatte 15x15cm mit D-Ring. Rechts: Convex Multikopf, Stütze 91-147cm, Bodenplatte 15x15cm mit D-Ring.

Vorteilhaft an dieser Stabilisierungstechnik ist, dass der Rettungsweg über das Heck komplett frei ist, hier lässt sich eine große Rettungsöffnung schaffen.

Rettungsstützen mit indirektem Spanngurt-Dreieck bei Dachlage:

Fahrzeug in Dachlage stabilisiert mit Convex Multiopf, Stütze 91-147cm, Bodenplatte 15x15cm mit D-Ring, Spanngurt.

Falls auf dem HLF schon ein Akkuschrauber vorhanden ist empfiehlt sich die Beschaffung eines Stufenbohrers, damit können schnell und erschütterungsfrei Öffnungen für Spanngurt-Haken geschaffen werden, alternativ vorsichtig den Dorn des Halligan nutzen.

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