Man sagt, die Evolution wird manchmal durch besondere Ereignisse beschleunigt. Ich bin mir nicht sicher, ob das die richtige Einleitung ist, aber bedingt durch die Corona-Krise und den Lockdown haben wir in der zweiten Hälfte März angefangen, Webinare anzubieten. Die letzten Wochen könnte man durchaus als beschleunigte Evolution betrachten.

Seit dem 24.03. haben wir bis Stand heute 37 Webinare abgehalten, wobei 2149* Teilnehmer daran teilgenommen haben. Es haben sich 182* Teilnehmer die Mühe gemacht, uns Feedback zu geben – also knapp 10% und alleine das ist wirklich super beeindruckend!

Die gewonnenen Erfahrungen möchte ich hier gerne teilen, vielleicht ist für den einen oder anderen die eine oder andere umsetzbare Erkenntnis dabei. Es ist auf jeden Fall ein persönliches Dokument.

Zur Info: Als Resultat und Aufgrund der Anfragen können die Webinare nun auch direkt von Euren Organisationen gebucht werden: >Katalog zum Download (auch in der linken Spalte als Link).

Webinare als Notlösung

Ein Webinar ist recht einfach erklärt: in einem geschlossenen Teilnehmerkreis wird ein Vortrag gehalten. Teilnehmer haben via Chat- oder Mikrofonfunktion einen Rückkanal zum Moderator. Es ist im Prinzip wie ein normaler Präsenz-Unterricht, nur dass man zuhause sitzt.

Wer das alte Feuerwehr Weblog oder FWnetz kennt, kann sich erinnern, dass der Wandel hin zu Online – Stichwort „Web 2.0“ – lange ein Hauptthema war. Wie würde sich das Feuerwehrwesen in der neuen, digitalen Welt zurechfinden?

Ich möchte hier kein Fazit ziehen, sondern anmerken, dass der „Markt“ (als Anbieter sieht man das nun mit etwas anderen Augen) grundsäzlich immer noch recht traditionell ist. Im Bereich der Ausbildung wird natürlich viel experimentiert: Beispielsweise im „E-Learning“ oder Virtual Reality in der Führungsausbildung tun sich einige spannende Projekte und Themen auf.

Für uns – Heavy Rescue Germany – waren die letzten zehn Jahre sehr klassisch, also grundsätzlich als Ausbildung vor Ort. Über die Zeit haben wir ein ordentliches Portfolio an Modulen aufgebaut, die fast alle auch einen Theorieteil beinhalten.

Das Aufkommen der Coronakrise und der absehbare Lockdown haben uns voll in der „Hauptsaison“ erwischt: keine Ausbildung, keine Einweisungen und keine Produktvorführungen.

So ist Corona als Katalysator zu betrachten – für die Umsetzung „online“ kamen nur Webinare in Frage, erstens aufgrund des Aufwands, und zweitens aufgrund der Kernkompetenz. Auch die Tatsache, dass Leute nun zuhause sitzen und auch kollektiv an Webinaren teilnehmen können, machte die Entscheidung leichter. Alternativen wie reines E-Learning kamen somit gar nicht erst in Frage.

Technische Umsetzung

Technisch haben wir uns für Webex von Cisco entschieden, und dort das Paket mit 100 Teilnehmern und eine unbegrenzte Anzahl von Webinaren gebucht.

Es gibt auch andere Plattformen, z.Bsp. Microsoft Teams, die allesamt recht ähnlich und stabil funktionieren. Die Empfehlung für Webex kam von einem von unseren Teammitgliedern, und so haben wir auch sehr spontan entschieden – was wir nicht bereuen.

Wichtig ist das Schwarmwissen – nicht alles ist intuitiv, aber inzwischen ist die Arbeitslast intern aufgeteilt, so dass mehrere von uns jederzeit die Webinare aufsetzen und betreuen können.

Leider haben wir bei den Anmeldungen noch Medienbrüche, der Weg Anmeldung – Durchführung – Nachgang muss händisch durchgeführt werden, das ist auf jeden Fall ein Programmierprojekt für die nahe Zukunft. In den meisten Fällen klappt das gut, doch leider „rutscht“ der eine oder andere noch durch das System – an dieser Stelle Entschuldigung dafür!

Erkenntnisse

Die Welt ist seit dem ersten Webinar eine andere geworden, und wird das auf lange Sicht bleiben. Webinare haben sich bewährt, auch aufgrund des vielen hochwertigen Feedbacks haben wir uns in sehr kurzer Zeit weiterentwickelt.

Für mich haben sich insbesondere drei Vorteile bzw. Erkenntnisse herauskristallisiert:

  1. Geht doch!
    Alleine aus dem Zwang heraus, „etwas“ tun zu müssen, stellen wir fest, dass es durchaus möglich ist, online Ausbildung abzuhalten. Die Alternative im Lockdown: nichts tun ist keine Alternative. Fast alle haben einen vernünftigen Zugang ins Internet: ob PC, Smartphone, Tablet – alle können an Webinare teilnehmen.
  2. Entwicklung der Organisation
    Diese Phase hat uns – Heavy Rescue Germany – gleich um Lichtjahre nach vorne geworfen, mit der bittersüßen Erkenntnis: warum nicht schon früher so?
    Unsere knapp 30 Teammitglieder sind bunt über das Bundegebiet und in Österreich verteilt. Es war quasi unmöglich, einen vernünftigen Wissensaustausch zu betreiben. Es war schwer, auch in der Ausbildung eine gleichbleibende Qualität zu erhalten und vor Allem einheitlich didaktisch und qualitativ unser Wissen zu vermitteln.
    Und jetzt? Wir machen nicht nur interne Meetings und Fortbildungen, Teammitlieder klinken sich auch in die Webinare ein und sehen wie ihre Kollegen Ausbildung durchführen.
    Im Nachgang klingt das so einfach – und tatsächlich ist es auch, und es ärgert mich zwar, dass wir erst jetzt darauf kommen, aber besser jetzt als nie.
  3. Persönliche Entwicklung
    Das ist ein ganz persönlicher Punkt für mich – Präsentieren ist sicher nicht jedermanns Sache, erst recht nicht online wenn keine Teilnehmer zu sehen sind, sondern nur die grünen LED der Webcam. Es bereitet ein unglaubliches Vergnügen, die Moderatoren zu coachen und man beobachtet die Entwicklung vom ersten Entwurf zu „live“.
    Natürlich ist nichts perfekt (wie denn auch), aber jeder einzelne von uns nimmt hier etwas fürs Leben mit. Mir geht es genauso. Feedback kann ab und an schmerzen, aber er führt zu etwas Gutem.
    Und so entsteht im „HRG Kollektiv“ so etwas wie eine gelebte Schnittmenge, wenn auch jeder natürlich eine sehr unterschiedliche (und unterschiedlich geprägte) Persönlichkeit hat – gottseidank :-)

Und jetzt?

Wie oben beschrieben, die Welt wird sicher eine andere sein. Ob und wann wir wieder normal leben werden, lässt sich natürlich nicht voraussagen. Feuerwehren wird es immer geben, und den Ausbildungsbedarf auch, und das ist natürlich gut für uns.

Wir hätten natürlich nichts machen können und das Ganze aussitzen, aber das wäre irgendwie unzufriedenstellend und unpassend gewesen. Die für uns neuen Möglichkeiten werden wir natürlich weiterverfolgen. Wir hatten das Glück, dass wir ohne allzu großen Aufwand die bestehenden Module anpassen konnten.

Und wie geht es weiter? Ganz konkret:

  • Die offenen Webinare werden wir auf jeden Fall weiter behalten. Die sind nicht nur tiefstens demokratisch weil sie jedem offen stehen, sondern haben sich auch etabliert. Vielleicht nicht in der Intensität wie bisher, sie bleiben aber
  • Wir werden auch externe Vorträge mit aufnehmen – mehr dazu wenn wir soweit sind. Erste Beispiele haben wir mit den Webinaren von Paratech und Endress
  • Da jetzt einige Anfragen reinkommen, bieten wir die Webinare auch „kommerziell“ an – ihr könnt uns für Eure eigene Organisation buchen. Dafür gibt es einen >Katalog zum Herunterladen, der Link ist auch in der linken Spalte oben gut erreichbar
  • Wir bieten auch online Vorführungen und Einweisungen an – so könnt ihr bei Euren geplanten Beschaffungen auch einen ersten Einblick in die Materie bekommen, und viele Fragen werden beantwortet, bevor wir überhaupt zur Vorführung auftauchen. Auch können wir im Nachgang jederzeit auf das von Euch beschaffte Gerät eingehen (je nach Produkt für Kunden in unseren Vertriebsgebieten)
  • Und wir gehen endlich jetzt vernünftig unsere internen Fortbildungen an. HRG ist auch eine Austauschplattform, und dafür sind diese Webinare super geeignet

Somit schließe ich diese Gedanken ab. Noch ist nichts überstanden, und klar, jeder muss schauen, dass er sein Abendbrot finanziert. Wir haben leider oder gottseidank – und wertungsfrei – keinen Hauptjob als Rückfallebene, sondern das hier ist unser Hauptjob, und somit alternativlos.

An dieser Stelle ein fettes dankeschön an alle, die bei unsereren Webinaren mitgemacht haben, und uns weiter unterstützen. Auch für Fragen jenseits von Feuerwehr stehen wir Euch weiter gerne mit Rat und Tag und nach Bestem Wissen und Gewissen zur Verfügung.

Bis dahin! Haltet die Ohren steif.

*Dies schließt auch Mehrfach-Teilnahmen ein, und ist nur bedingt aussagekräftig, weil z.Bsp. auch ganze Wachschichten vor dem Rechner gesessen sind – unterm Strich ist das auch nicht so wichtig.

1 comments

  1. Alexander

    Hallo liebes HRG-Team,

    auch an dieser Stelle nochmal mein herzliches Dankeschön für die Fülle an hochwertigen Webinaren, die ihr in so kurzer Zeit auf die Beine gestellt habt. Ich bin überzeugt, dass das ein Format ist, welches auch kommerziell funktionieren wird und einen weiteren wichtigen Baustein neben den sonstigen Formen der Wissensvermittlung ist. In anderen Branchen funktioniert das schon seit Jahren wirklich gut. Es wurde Zeit, dass auch die Hilfsorganisationen lernen die Vorteile für sich zu nutzen.

    Viele Grüße und weiter so!

You must be logged in to post a comment.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.