Feuerwehrausbildung tendiert dazu, sich mit feuerwehrspezifischen Dingen zu beschäftigen – was ja grundsätzlich OK ist. Grundlagen, auch solche die allgemein im Privat- und Berufsleben hilfreich sind, werden ganz gerne vernachlässigt.

Diese Grundlagen fließen deswegen vermehrt in unsere Ausbildung ein, und einen Teil davon möchten wir mit Euch ohne Anspruch auf Vollständigkeit teilen – einfach die Dinge, die uns wichtig erscheinen.

Nach aktueller Planung wollen wir in unregelmäßigen Abständen eine Reihe von Artikeln veröffentlichen. Geplant sind:

  1. Spanngurte
  2. Anschlagmittel
  3. Handwerkzeug
  4. Schrauben
  5. Maschinen
  6. Verbrauchsmaterial für Maschinen
  7. Seil (Arbeitsleinen)
  8. Greif- bzw. Mehrzweckzug
  9. Lose und feste Rollen

Los geht’s mit den Spanngurten. Viel Spaß bei der Lektüre! Hoffentlich bleibt das eine oder andere hängen, und wir freuen uns natürlich über Input!

Spanngurte

Spanngurte heißen korrekterweise Zurrgurte und dienen primär der Ladungssicherung. Da unsere feuerwehrtypischen Anwendungen weniger mit Ladungssicherung zu tun haben, bewegen wir uns automatisch in den meisten Fällen in einer Grauzone. Hier immer der Hinweis auf eine Gefährdungsbeurteilung mit der Frage nach einer Alternative: kein Spanngurt einsetzen ist die schlechtere Alternative.

Spanngurte kommen in vielen Formen, Breiten und Längen. Im Wesentlichen unterscheidet man zwischen einteiligen bzw. Endlosspanngurten (für Feuerwehren eher weniger geeignet) und zweiteiligen Spanngurten, bestehend aus Los– und Festende mit der Zurrratsche. In den meisten Fällen ist ein Zweifingerhaken als Endbeschlag eingebaut, der an Anschlagpunkten angesetzt wird.

Wesentliche Vorteile eines Spanngurtes sind die Schnelligkeit, mit der er sich setzen lässt sowie die einstellbare Länge.

Typische Einsatz-Anwendungen sind: Einspannen einer Achse/ Aussetzen des Federwegs, Sichern einer LKW Kabine, Sichern eines Fahrzeugs.

Grundlagen, Tipps und Tricks

Die Zugkraft eines Spanngurtes sowie weitere Informationen lassen sich am blauen Etikett ablesen. Typischerweise sind das 2.5t bzw. 25kN im direkten Zug bei einem üblichen Spanngurt von 5cm Breite. Spanngurte haben einen Sicherheitsfaktor von 1,25.

Die Lebensdauer ist theoretisch unendlich, sie müssen erst außer Betrieb genommen werden wenn die Ablegereife erreicht ist. Meistens ist das ein physischer Schaden, zum Beispiel wenn der Gurt eingerissen ist und vor Allem wenn das blaue Etikett mit den technischen Angaben fehlen sollte.

Wenn ihr Euch unsicher seid, ob der Spanngurt noch „gut“ ist oder nicht: Legt ihn beiseite und lasst einen Sachkundigen nachschauen. Spanngurte sollten sauber gehalten werden; ab und zu ein Bisschen Öl oder Fett an den beweglichen Teilen der Ratsche kann nicht schaden.

Bedienung

Da der Einsatz eines Spanngurts möglicherweise zeitkritisch ist, empfiehlt sich dessen Verlastung an einer gut erreichbaren Stelle im Fahrzeug. Spanngurte lassen sich zu zweit viel schneller setzen. Zwei Spanngurte sind nacheinander schneller gesetzt als parallel.

Spanngurte lassen sich mit der Triple-R-Methode aufwickeln und sind sofort einsatzbereit.

Originalverpackt gelagerte Gurte kosten im Einsatzfall richtig viel wertvolle Zeit!

Achtet darauf, dass beide Stränge des Gurts „außerhalb“ der Ratsche sind, somit lässt sich diese als lose Rolle mit einer entsprechenden Vorspannung verwenden:

Die Anwendung im rechten Bild ist grundsätzlich OK, man kriegt eben keine Vorspannung hin und es ist generell umständlicher.

Das hat auch den Vorteil, dass der Gurt schön sauber mit der Hand geführt aufgewickelt werden kann:

Die Ratsche ist erst dann gesichert, wenn sie komplett geschlossen ist:

Der Gurt muss mindestens 1,5 mal um die Schlitztrommel gewickelt sein. Vorsicht! Beim Lösen der Ratsche durch das Ziehen des Bügels macht diese komplett auf und die Last rutscht Euch unter Umständen unkontrolliert durch.

Durch das Ziehen des Bügels im Handgriff (blau) kann die Ratsche in verschiedene Stellungen gebracht werden:

1: Ratsche Geschlossen und gesichert
2: Spannbereich
3: Ratsche offen, Gurt kann durchrutschen!
4: Sonderausstattung: Stellung „Entspannen“ (Hier beim HRG Rettungsspanngurt) ermöglicht Entlasten des Gurts bevor komplett aufgemacht wird

Der Gurt darf höchstens einmal, besser überhaupt nicht verdreht sein. Wen das interessiert, hier kann man sehen warum (sehr viele) Drehungen kritisch sind. Gute Gurte sind normalerweise einseitig bedruckt, das hilft z.B. richtig in die Schlitztrommel einzufädeln und Verdrehungen zu vermeiden.

Doppel-Fingerhaken auf gar keinen Fall wie hier gezeigt in sich selbst einhängen – bei Last könnten diese aufbiegen und zum Versagen der Sicherung führen. Bei Zweifingerhaken unbedingt darauf achten, dass diese verschweißt sind:

Der Gurt darf niemals über eine scharfe Kante auf Spannung gebracht werden, damit er nicht einreißt. Nutzt hier einen „Kantenschutz“ (korrekterweise ist das ein Abriebschutz), beispielsweise Fußmatten aus einem Fahrzeug:

Was an diesem Beispiel nicht so schön ist: direkter seitlicher Druck auf die Ratsche, die dadurch Schaden nehmen kann. Das Problem lässt sich einfach lösen, hier mit einem Kantholz:

Man sieht wie es die Ratsche von der Kante weghält; dabei bleibt die Spannkraft erhalten.

Mit diesem Trick lassen sich auch sehr kurze Strecken überbrücken, für die der Spanngurt sonst zu lang wäre. Hier beispielsweise das einseitige Einbinden einer Fahrzeugachse:

Gut zu sehen auch die mit dem Schälbohrer und Schlagschrauber geschaffenen kreisrunden Anschlagpunkte. Ansonsten wäre das Blech aufgerissen und würde deutlich weniger Last aufhalten – beispielsweise wenn das mit einem Halligan Tool gesetzt wird.

Eine kreativer Einsatz der Spanngurte ist die „Zug-Druck-Methode“ um eine Last zu fixieren, in dem sie auf ein festes Objekt gespannt wird, wie hier mit Rettungsstützen:

Damit bleibt die Dachseite komplett frei ohne störende Stützen.

Die Spanngurte möglichst nicht an beweglichen Teilen, z.Bsp. Achsen eines Fahrzeugs einsetzen, da dieser sich dann lösen könnte.

Hier sind noch ein Paar kreative Anwendungen: Sichern eines Baums auf PKW, Lochung mit dem Schälbohrer:

Sowie eine alternative Methode zum Einspannen einer Fahrzeugachse:

Sichern gegen Wegrollen:

Fazit

In unserem Artikel geht’s primär um die Bedienung der Spanngurte, die sitzen sollte. Die Möglichkeiten sind mehr oder weniger unbegrenzt, aber die wichtigste Frage lautet: Braucht es den Spanngurt überhaupt?

Sehr gerne gemachte Fehler sieht man vor Allem beim Einspannen einer Fahrzeugachse bzw. ausschalten des Federwegs. Der Aufwand an Zeit und Können wird oftmals unterschätzt und man verrennt sich schnell.

Und: Stimmt die Reihenfolge? Wird die Achse vor dem Setzen eines Unterbaus gesetzt, zieht man das Fahrzeug auf den Patienten.

Sinnvolles Zubehör

Den Abrieb- bzw. Kantenschutz hatten wir bereits oben erwähnt. Zusätzlich sinnvoll sind:

Adapterschlüssel „Paratech Tie Down Keys: Nicht immer lassen sich für die Spanngurthaken geeignete Anschlagpunkte finden. Dieses Problem lässt sich mit dem Adapterschlüssel und seinen vier verschiedenen Haken gut lösen:

„Kranzkette“ 8mm: Ähnlich dem Adapterschlüssel kann die so genannte „Kranzkette“ (eine Art Rundschlinge) zum Anschlagen an scharfen Kanten oder schlecht zugänglichen Stellen geschaffen werden:

Der HRG Rettungsspanngurt

Die bisher beschriebenen Anwendungen lassen sich mit handelsüblichen Spanngurten mit verschweißtem Doppel-Fingerhaken gut bewerkstelligen. Wir empfehlen eine Länge von 8 Metern, diese ist für die meisten Anwendungen ausreichend bzw. gibt ausreichend Reichweite.

Aus den bisher gewonnenen Erfahrungen haben wir zusammen mit der Firma Pfeifer ein „Rettungsspanngurt“ konfektioniert, der für unsere Zwecke optimiert wurde:

  • Beste Qualität, mit verstärkten Gurträndern. Robuste Ausführung
  • Einfingerhaken mit kleinerem Querschnitt als Doppel-Fingerhaken, dafür eine größere Öffnung (= bessere Möglichkeiten zum Anschlagen, Haken können ins sich eingehakt werden)
  • Step-Ratsche: Zum Lösen des Gurtes kann diese komplett aufgemacht werden, zusätzlich aber auch der Gurt in kleinen Schritten gelockert werden um die Spannung zu verringern bis der Gurt durchrutscht (Position 4 in der Beschreibung weiter oben)
  • Kurzer Gurt am Ratschenende um in beengterem Platz zu arbeiten, vor Allem mit den Rettungsstützen
  • Dritter Fingerhaken zum Einsatz mit den Rettungsstützen, aber auch zum Zügigen Anschlagen, z.B. an Bäumen
  • Triple-R-fähig

Erhältliche Artikel in unserem Shop

HRG Rettungsspanngurt Standard

HRG Rettungsspanngurt kompakt 5m mit 2 Haken

Paratech Tie Down Keys

Kranzkette 8mm