Er wäre überstanden, der MUSAR „Trench Rescue Technician“ Kurs 2018, 40 fordernde, spannende, kurzweilige und super lehrreiche Stunden. Für HRG waren Robin und Irakli als Teilnehmer am Start.

Es war für uns insofern auch von Bedeutung, als wir den Status Quo für das demnächst erscheinende „Handbuch Tiefbauunfälle“ final abgreifen wollten. Nachfolgend die Auflistung der wichtigsten Updates.

im Einzelnen:

Kernaussage

Wir grenzen Tiefbauunfälle so ein, dass wir über verschüttete Personen in einer (Tiefbau-)Grube sprechen. Wir grenzen klassische Silo- und Schüttgutunfälle aus. Bei einem Tiefbauunfall nach unserem Verständnis war entweder kein Verbau vorhanden, oder er war nicht ausreichend dimensioniert, Personen hielten sich im ungesicherten Bereich aus.

Die Logik lässt sich so umschreiben:

  • Es ist ein Unfall, keine Baugrube. Die Erde ist nicht intakt. Regeln (z.B. Berechnungen, Verbau, Vorgehen) weichen erheblich von einem „Arbeitsumfeld“ ab.
  • Feuerwehren sind keine Tiefbauunternehmen. Sie finden (Teil-)eingestürzte Gruben mit Verschütteten vor. Die Berechnungsggrundlagen von „Erde in Ruhe“ sind nur bedingt anwendbar. Die Wände haben üblicherweise keine geraden Wände. Und es muss schnell gehen. Somit ist „Rettungsverbau“ nicht zwingend ein „Grabenverbau“
  • Feuerwehren brauchen ein einfaches und sicheres System: das ist der Rettungsverbau, der es auch ermöglicht zügig eine Sofort-Sicherung zu setzen und somit dem Patienten einen Überlebensraum zu schaffen
  • Analog der Gebäudeabstützung muss die Aufnahmekapäzität des Rettungsverbaus bekannt sein – sowohl der einzelnen Komponenten als auch des Systems. Daraus leiten sich die Abstände etc. ab
  • Ein Verbau sollte möglichst von außen erfolgen um die Einsatzkräfte nicht unnötig zu gefährden

Die einzelnen Neuerungen:

Berechnung des Erddrucks, Implikation

Hier hat sich einiges getan. An dieser Stelle wollen wir nicht in die Details gehen, sondern warten auf baldige Veröffentlichung im Operations Guide des US Army Corps of Engineers bzw. der FEMA. Im Feld bzw. im Einsatz ist es nicht direkt relevant bzw. anwendbar, aber wir  – als Heavy Rescue Germany – müssen daraus die Einsatzparameter der von uns empfohlenen Komponenten bestimmen. Das sind vor Allem Platzierung, Anzahl und Abstände der Rettungsstützen, Gurthölzer und Bohlen.

Letzteres erfordert auch eine Kenntnis der Bruchlasten, die wir selbst durch Feldtests herausfinden müssen. Ergebnis wird eine Geräte- und Abstandsliste sein.

„Die Wand gegenüber“

Ist ein Einsturz geschehen, ist der nächste Einsturz an der gegenüber liegenden Seite zu erwarten, dort sollte die Priorität für die Sicherung liegen.

Sofortsicherung

Die „Sofortsicherung“ ist das schnelle Schaffen eines Überlebensraums für den Patienten, damit er z.B. nicht durch Folgeeinsturz ums Leben kommt. Das Ziel ist die schnellst und sicherst mögliche Anbringung der Sofortsicherung. Diese gilt als abgeschlossen wenn ein Tafelpaar sowie zwei Stützen/ Streben angebracht sind. Wir hatten diese bei unseren Kursen auch schon eingeführt, aber hier wird das nochmal deutlicher hervorgehoben.

Die Sofortsicherung beinhaltet jetzt auch einen Zwischenschritt – der „get something in there“, schnell und sofort eine Stütze für minimalen Schutz zu setzen- wir nennen sie die „Sofortstütze„.

Reihenfolge der Stützen

Die Reihenfolge ist nicht mehr vorgegeben. Wichtigster Parameter ist die Einsturzart, die die Reihenfolge beeinflußt. Haben wir z.B. einen Teilabrutsch an der Sohle, sollte man dort zuerst sichern.

Wegfall der Erdnägel

Ganz ohne geht’s nicht, aber wenn das „Shoring Team“ (Stützen) gleich hinter dem „Panel Team“ (Verbau) arbeitet, werden Erdnägel zum Fixieren der Tafeln nicht benötigt  – spart Zeit und Vibrationen.

Corner Brackets / Eckverbindung / Batwings

So langsam kommt man der Sache näher. Die „Batwings“ bis jetzt (Widerlager für Eckabstützung) setzen eine symmetrische Grube voraus. Zwischen dem ersten Kursbesuch 2016 und heute ist einiges passiert, vieles verworfen worden. Die jetzige Lösung sieh sehr vielversprechend aus, denn sie ist flexibel und asymmetrisch einsetzbar.

Durch die Bodenplatten mit den 20° bzw 45° Winkel kann die Ecke auf zweierlei Arten gesichert werden, wie im nachfolgenden Bild zu sehen:

Oben direkt auf das Gurtholz, unten mit Stützendreieck.

Anschlag der Tafeln je nach Einsatzort

Wird die Tafel tief eingesetzt (untere Lage bei 2 Lagen), werden die Seile anders eingebunden:

Beide Knoten sind oben und erlauben ein sauberes Handling direkt an der Wand.

Wird die Tafel umgekehrt mit der Bohlenspitze nach unten eingesetzt, muss das Seil gedreht werden:

Eine Seillänge von ca. 7m ist optimal.

Ersatz- bzw. zusätzliche Abstützung.

Muss der Patient ausgegraben werden, so kommt alle ca. 60cm eine Lage abgesägter Rettungstafeln hinzu:

und zu guter letzt  – was tun, wenn man auf einen „Rettungsverbau“ trifft? Hier gilt es, das Vorhandene durch „unseren“ Rettungsverbau zu ersetzen, ohne die Grube zu betreten:

Fazit

Viele Kleinigkeiten, die aber durchaus „kriegsentscheidend“ sein können – aber auch die ganz große Nummer mit den Erddrücken und die daraus abgeleitete Empfehlung für Material, Abstände, etc.

Ein Bericht über die Ausbildung an sich folgt noch.

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