Schöner Samstag! Einen ganzen Tag in der Sandgrube in Osnabrück mit der Feuerwehr, dem THW sowie @fire. Hier geht’s zur Bilderstrecke. Ziel der Übung: einerseits zu üben, andererseits die Erstellung von Bildermaterial für Ausbildungsfolien.

Dabei gleich zwei Trenches abgearbeitet, die es in sich hatten: einmal das US / UK-System mit Finnforms (bzw Shorforms) und einmal das hier gelehrte System mit Rahmen und Bohlen. Bei beiden Systemen kamen Druckluftstützen (einmal Paratech, einmal Holmatro) zum Einsatz. Da ich ja für Paratech arbeite, enthalte ich mir einer direkten Gegenüberstellung. Tatsache ist auf jeden Fall, dass in jeder Version mit solchen Stützen gearbeitet werden sollte, um erstmal von ausserhalb eine Sicherung hinzubekommen. Mit klassischen Kanalstreben oder sonstigen Stützen ist das nicht darstellbar.

Trench 1

Zunächst einmal: das Ganze in einer Sandgrube, also übelster Grund Type C nach der US-Klassifizierung. Die Lagen: Bagger, Loch, Person verschüttet. In Lage 1 ist die Baggerschaufel sogar noch im Loch. Tiefe: ca. 2,50m Hier die Abarbeitung in groben Zügen:

Trench 1 nach US / UK Lehre

Zuerst „Basics“: Zuerst den Unfallort sichern: alle Personen raus, Sicherheitsbereich einrichten, Maschinen aus, Verkehr im Umkreis von min 50 unterbinden – auch wenn es eine Autobahn ist.

Ground Pads
Dann werden die ground pads gelegt – das sind Spanholzplatten die den Druck verteilen sollen.  Einmal rum. Übrigens ist der sicherste Zugang zu einer geraden Trench von den Ecken her – dann die kurzen Seiten und die langen Seiten sind am instabilsten.

360 - Gefahren
Die ausgehöhlten Stellen werden als no-go Area mit dem Farbspray markiert.

Setzen Leiter

An jedes Ende eine Leiter als Notausgang. Notausgänge sollten nicht weiter als 7m auseinander sein.

Setzen Finnform gegenüber
Anschliessend werden die ersten Finnforms (oder Shorforms), das sind Siebdruckplatten, eingesetzt. Das Erste Paar auf Kopfhöhe des Patienten. Dabei kann man eine Finnform entweder an der eigenen Seite legen, oder gegenüber, wie hier im Bild zu sehen. Als Schienen dienen Kanthölzer.

Das Opfer
Die Finnforms sind nun eingesetzt. Unten gut zu sehen der teil-verschüttete Patient.

Bagger abgestützt

Der Bagger wird gesichert: Kreuzverbau plus Hebekissen.

Setzen Stütze 1

Die erste Stütze wird in Stellung gebracht und „geschossen“: 60cm über den Boden, dann erstmal mit 8 bar, damit sie die Finnforms sachte wegdrücken. Zuvor wurden die Hohlräume noch verschlossen, ideal hierfür sind Niederdruck-Kissen. Sinn und Zweck ist ein System zu bauen, das die Kraft von Seitenwand zu Seitenwand leitet, und den Druck schön verteilt.

Box fertig
Die restlichen Stützen sind gesetzt. Der ganz große Trick: es wird ein sicheres System komplett von aussen verbaut, ohne einen Fuss in die Trench setzen zu müssen.

Ausbuddeln
Die Rettungsmannschaft steigt hinab, sichert die inzwischen auf 12-17bar geschossenen Stützen mit Nägel, und fängt an, den Patienten herauszuschaufeln. Wichtig: es dürften keine Leinen oder Seile an den Mann gebracht werden – in einem Notfall könnten sie sich verheddern, die Trench würde zur Todesfalle.

Schleifkorb : zu groß
Versuch 1: Schleifkorbtrage. Zu Gross. Ergo…

Patientenrettung
…Versuch 2: Minisked. Wesentlich besser! Übrigens Sim-Puppe mit echten 75kg, und Dreibein als Anschlagpunkt.

Im zweiten Durchgang mit dieser Mannschaft wäre die Lage in ca 30 Minuten zu bewältigen gewesen.

Trench 2 „Deutsch“

Trench 2 - der PatientHier das gleiche Loch, mit eher parallelen Wänden, dafür ohne Baggerschaufel, jedoch mit einer sehr beeindruckenden, dynamischen Aushöhlung – es fielen über die Dauer des Einsatzes größere Wandteile herab.

Rahmen
Es wird ein Rahmen gebaut: erst die Groundpads, dann die „Brücken“ mit Bohlen, dann die Kanthölzer längs. Man beachte die Aushöhlung unten rechts.

Bohlen gesetzt
Die vertikalen Bohlen werden gesetzt. Im Einsatzfall werden sie mit der Kettensäge gekürzt.

Stütze setzen
Dann kommen die Walers (die langen Kanthölzer) sowie pneumatische Stützen. In USA und UK sind das Kanthölzer mit mindestens 20cm Kantenlänge. Hier 15cm.

Hohlraum füllen
Die Hohlräume werden verfüllt.

Rettung

Die oberen Walers und Stützen werden gesetzt, und nun kann die Rettung erfolgen.

Fazit

Grundlegend waren wir uns einig, dass, egal welches Szenario, pneumatische Stützen zwingend erforderlich sind, um ein System von außen sicher zu verbauen ohne die Mannschaft zu gefährden.

Davon abgesehen ist kein Tiefbau-Einsatz wie der andere, und aus diesem Grund kann es nicht schaden, beide Systeme drauf zu haben – lieber mehr Optionen als zu wenige. Allerdings ist die Frage, was ist einer Feuerwehr, insbesondere ausbildungsmässig, zuzutrauen?

Vor- und Nachteile versuche ich mal separat aufzuzählen. Persönlich tendiere ich zur US-Methode, sie scheint mir etwas effizienter vom Zeit- und Materialaufwand her, und insbesondere von der Flexibilität. Das „deutsche“ System (ich nenne das mal so) dürfte bei „T“- und insbesondere „L“-förmigen Gräben kaum möglich sein, zu implementieren.

Gut gefallen hat mir jedoch die Brücke aus Bohlen. In UK ist sie aus Arbeitsschutz-Gründen (sofern ich mich erinnern kann) nicht erlaubt. Brücken müssen ein Geländer haben. Not to self: Ein System aus Finnforms mit Brücken aus Bohlen, die auch als Arbeitsplattform taugen.

Ansonsten sind wir wieder ein Paar kleinere Details aufgefallen – beispielsweise könnte man die Seile, die an den Stützen befestigt, in zwei verschiedenen Farben halten. Erleichtert das Ausrichten ungemein. Und was ich vergessen hatte: die ND-Kissen mit Gaffer zu „zwicken“ und sie so sauber zu herablassen.

Unterm Strich ein absolut fantastischer Tag in der Grube, danke an Jan, die Feuerwehr Osnabrück und auch ganz großen Dank an das THW Osnabrück.

Zusatz: Nicht, dass der falsche Eindruck entsteht: dies war eine Osnabrücker Übung (THW, Feuerwehr), an der ich teilnehmen durfte.

5 comments

  1. Die erforderliche Menge an Equipment und das dazugehörige Personal dürfe in der Fläche ja nur bedingt Vorhandensein. Inwiefern kann das seitliche Abböschen der Kanten (z. B. nach DIN 4124) mit Hilfe eines Baggers, der ja bei Tiefbaubaustellen durchaus verfügbar sein dürfte, als Alternative herangezogen werden?

    Gibt es Erfahrungswerte, wie hoch die Überlebenschancen bei Verschütteten sind und wie diese sich im Laufe der Zeit verändert?

    Gruß
    Andreas

  2. Hallo Andreas,
    in Bezug auf das zur Abstützung benötigte Material gibt es in Osnabrück zwei Einsatzmittel die sich wunderbar ergänzen. Dies ist einerseits der AB-Kran der Berufsfeuerwehr und andererseits der Rüstcontainer des Technischen Hilfswerks, auf welchem umfangreiche Holzvorräte lagern.
    In der Fläche wird es zumindest in kleineren Gemeinden oder Städten nicht unbedingt solch einen AB geben. Allerdings haben viele Ortsverbände des THW vergleichbare Einsatzmittel wie den Rüstcontainer. Gemeinsam mit solchen Materialien, ergänzt durch die von dem Autor angesprochenen Druckluftstützen sollte für die Sicherung genügend Material vorhanden sein.
    Die beim US System angewendeten Finnboards sind mit verhältnismäßig geringem Aufwand herzustellen. Transportiert werden könnten diese bspw durch einen GW Logistik.
    Was das abböschen der Kanten angeht vermute ich sollte man drauf verzichten um keine weiteren Erschütterungen zu produzieren.
    Solch eine Ausbildung ist mit Sicherheit jedem zu empfehlen. Man unterschätzt die Gefahr zu Anfang. Das Vorsicht unabdingbar ist bewies das zweite Szenario wo uns immer wieder Sand in die Grube nachrutschte.
    Greetz
    Michael

  3. Hi Andreas,

    der Antwort von Michael bleibt nicht viel hinzuzufügen.

    Aktuell sind die beschriebenen Mittel in OS sicherlich eher die Ausnahme als die Regel. Einige Wehren verfügen über einen AB Holz oder Bau, aber ob die Ausbildung dafür ausreichend ist, weiss ich nicht – vermute eher nicht.

    Zum Abböschen: grundsätzlich darf man in der THL keine Option ausser Acht lassen, aber das wäre schon wirklich das allerletzte Mittel der Wahl, eben alleine wegen der Erschütterung. Zudem entfernt man so einen Ansatzpunkt für Stützen (nur eine Wand abstützen geht nicht), und ganz davon abgesehen kann ich mir in der Praxis nicht vorstellen, dass man so abböscht, dass kein Erdreich auf den Patienten rieselt.

    Erfahrungswerte gibt es, wenn überhaupt, bei den Berufsgenossenschaften bzw. den Arbeitsschutz (OSHA oder HSE). Allerdings sind diese Unfälle eher tödlich als nicht, hauptsächlich – und das ist subjektiv – durch Erstickung oder massives Trauma. Dauert die Rettung zu lang, dürfte Hypothermie auch dazu kommen.

You must be logged in to post a comment.