Gut Ding will Weile haben, aber erfreulicherweise können wir nun ganz offiziell unser „HRG Schüttgut-Rettungssystem“ („Gündinger Verbau„) vorstellen. Dieses ist für die Rettung von Personen aus einer Vielzahl von Schüttgutern in der Ebene, aber vor Allem auch in der Schräge bzw. am Hang geeignet. Zusätzlich fungiert es auch als Rettungsverbau im Erstschlag bei Tiefbauunfällen.

Nach sehr intensiver Recherche von Unfällen, nach fast einem Jahr Entwicklung und etlichen Versuchen im Feld – an dieser Stelle nochmal vielen Dank an alle Beteiligten! – sind wir endlich soweit, das System vorstellen zu können.

HINWEIS: die gezeigten Bilder zeigen NICHT das finale Produkt, dieses wird jedoch nur im Detail abweichen. Wir rechnen damit, die fertige Version in den nächsten 2-3 Wochen vorzustellen.

Hintergrund
Schüttgut-Unfälle stellen Rettungskräfte vor besonderen Herausforderungen. Es mangelt es an Berichten von erfolgreich eingesetztem Schüttgut-Rettungsgerät, und aktuell ist kein richtig geeignetes Gerät verfügbar:

  • Für Unfälle in Hanglage („Kinder in Sandgrube“)
  • Für Lagen mit hohen Druckkräften bzw. Fließbewegung
  • Wenn die Verschüttete Person nicht kerzengerade im Schüttgut steckt
  • Für eine große Bandbreite an Schüttgütern, von Mehlartigen Stoffen bis hin zu sehr grobem Kies

Das HRG Schüttgut-Rettungssystem
Das System soll nicht nur klassische Silo- oder Schüttgut-Lagen bewältigen können, sondern auch die oben angesprochenen Probleme lösen und somit vielfältig und sicher einsetzbar sein.

Hier sieht man unterschiedliche Einsatzoptionen:

Zentrales Element ist der Kasten aus verstärkten Siebdruck-Platten mit den Maßen 160x80x80cm. Dieser hat eine abgefaste Unterkante und kann mit „Schlagecken“ eingetrieben werden. Die hier gezeigte Version hat noch feste Eckverbinder; das finale Produkt ist mit eigens entwickelten Klappscharnieren versehen, damit der Kasten in 1-2 Minuten fertig gerüstet werden kann.

Die Eckverbinder ermöglichen auch ein Einkranen in das Schüttgut. Mit einem Eigengewicht von ca 60kg kann es auch sehr gut händisch eingebracht werden. Für Silos mit schmalen Öffnungen sind auch kompaktere Abmessungen vorgesehen.

Trotz einer sehr hohen Bruchlast kann es bei Bedarf mit Rettungsstützen verstärkt werden, insbesondere wenn Teile herausgesägt werden sollen, sollte sich ein Patient mit seinen Gliedmaßen außerhalb des Kastens befinden und dieser versenkt werden müssen.

Der Kasten kann bei Bedarf und entsprechenden Platzverhältnissen mit einer Säge auf eine Fläche von 80x80cm halbiert werden. Die Zapfenverbindung ermöglicht ein Aufstocken, also eine Doppelung, sollte eine größere Tiefe nötig sein. Eine der Seitenwände kann auch als Deckel benutzt werden, z.Bsp. um Rettungskräfte und Patient im Steilhang zu schützen.

Die Seitenwände des oberen Kastens sind auch so dimensioniert, dass sie als Rettungstafeln für klassische Tiefbauunfälle zur „Sofort-Sicherung“ verwendet werden können.

Gängige Rettungssysteme bieten den Rettern wenig Platz, außerdem wirkt das Gewicht des Retters unmittelbar auf den Verschütteten. Dieses haben wir mit einer beweglichen Doppel-Schaukel gelöst, die bei Bedarf an den Seitenwänden eingehängt wird und somit die Last dorthin ableitet.

Besonders anspruchsvoll ist die Rettung im Hang, also in der Schräge eines Schüttgut-Bergs. Der Patient wird hier nicht kerzengerade stehend (Voraussetzung für andere Systeme) verschüttet sein, sondern eher in einer liegenden Position. Diese sollte z.Bsp. mit Lawinensonden vorher erkundet werden um den Verbau richtig zu positionieren.

Größtes Problem ist, dass der Verbaukasten beim Ausgraben Richtung Tal „wandert“ und zur ernsthaften Bedrohung für den noch verschütteten Patienten wird. Diese Bewegung lässt sich sehr effizient mit dem Setzen einer Spundwand oberhalb verhindern. Diese 10 und 20cm breiten Elemente lassen sich mit einem „Führungskasten“ auch dann einzeln setzen, wenn Fremdköper, z.Bsp. Holzbohlen, im Schüttgut vorhanden sind. Die Spundwandelemente lassen sich auch in sehr grobem Kies gut versenken.

Unter Umständen ist es für die Rettung ausreichend, die Spundwand zu setzen. Der Verbaukasten ist dann optional bei besonders rolligem Schüttgut, auch weil er an allen Seiten komplett dicht ist.

Zusätzlich können so genannte „Führungsspieße“ direkt an der Spundwand sowie am Verbaukasten gesetzt werden, um:

  • die Positionierung der Spundwand sowie des Verbaukastens zu erleichtern
  • die Bewegung des sich absenkenden Verbaukasten zu kontrollieren und ein Abrutschen am Hang zu verhindern sowie
  • Lasten über Rettungsstützen und einem Widerlager abzuleiten

Die Spundwandelemente können je nach Lage und Material direkt am Verbaukasten eingesetzt werden, um ein Nachrutschen des Schüttguts zu verhindern.

Flexibilität

Der große Vorteil des Schüttgut-Rettungssystems besteht darin, dass es sehr flexibel einsetzbar ist. Aus den verschiedenen Komponenten:

  • Verbaukasten unten
  • Verbaukasten oben
  • Seitenwände Verbaukasten oben (Tiefbau)
  • Spundwandelemente mit Führungskasten
  • Schaukeln
  • Spieße

lässt sich beliebig die passende Kombination für die jeweilige Lage zusammenstellen.

Die Versuche
Als Ausgangslage haben wir die maximal schwierige Situation genommen: Aus unserer Sicht ist das sehr kleinkalibriger, runder Kies mit einem maximalen Böschungswinkel von 30° und einem ausgesprägten Fließverhalten. Funktioniert das System dort, sollte es auch in vielen anderen Medien funktionieren.

Sämtliche bisherige Versuche haben aufgezeigt, dass das System dort gut funktionert:

  • Kleinkalibriger Kies (im Hang und in der Ebene)
  • Grober Kies (im Hang und in der Ebene)
  • Sand (Im Hang und in der Ebene)
  • Weizen (in der Ebene
  • Tierfutterpellets (in der Ebene)
  • Weizenstärke, mehlartig (in der Ebene)

Somit decken wir erfolgreich eine sehr große Bandbreite an Materialien ab.

Die Ausrüstung
Zum System gehört noch einiges an Zubehör, beispielsweise sehr große Schonhammer, verschiedene Schaufeln, optional Rettungsstützen, Schrauben, Belüftungsgerät und mehr.

Das System ist optional erhältlich auf einem Rollcontainer mit der Grundfläche 160x80cm. Sollen auch Rettungsstützen mit beschafft werden, so verteilt sich das System auf zwei Rollcontainer, einer davon mit der Standard-Grundfläche von 120x80cm.

Es ist eine erweiterte Version des zweiten Rollcontainers mit Paratech-Stützen geplant, um auch weitere Einsätze aus dem Bereich VU Schwer zu bewältigen. Dazu gehören u.A. Hydraulikstützen und Anschlagmittel.

Unser Angebot
Das System inklusive optionalem Rollcontainer ist bei uns erhältlich. Zusätzlich bieten wir für Unternehmen:

  • Die Erstellung von Einsatzplänen sowie
  • Schulung der Mitarbeiter

Status + Vorführungen
Es ist noch ein wenig Feinarbeit nötig. Zur Zeit wird die endgültige Version mit den Scharnieren zum Schnelleinsatz fertig gestellt. Vermutlich ab Anfang August haben wir das Produkt finalisiert, und können es auch bepreisen.

Ab diesem Zeitpunkt können wir das System auch vor Ort vorführen: die Buchung von Terminen kann bereits ab jetzt erfolgen: ihr könnt uns gerne hier kontaktieren!

Eine persönliche Note
Die Entwicklung des Schüttgut-Rettungssystems ist für uns alle ein sehr spannendes Projekt, mit viel Herzblut. Am Wichtigsten jedoch ist die Erkenntnis, dass wir ein Produkt entwickelt haben, das a) sinnvoll ist und b) tatsächlich funktioniert und somit die Schlagkraft der Rettungskräfte wesentlich erhöht.

Dies alles wäre ohne tatkräftige Unterstützung nicht möglich gewesen. Besonderer Dank geht an:

  • THW OV Dachau
  • Feuerwehr Günding
  • BF Magdeburg sowie
  • Der Firma Cargill in Magdeburg, und dort insbesondere Gerald Wiesner und Tim Rieß für den persönlichen Einsatz!

Wie gesagt: bei Interesse gerne bei uns melden! Fortsetzung folgt!

Bruchlasttest

Bild 9 von 9

Extrem hohe Belastung einer Seitenwand ohne Bruch. Hier noch im ersten Versuch mit eingezogenen Kanalstreben.